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Kleinkinder- und Kindergartenkinder in der Corona-Krise

Unser Leben und Alltag hat sich seit Mitte März durch Ausgangsbeschränkungen, Soziale-Distanzierung, Homeoffice und vor allem durch Schließung der Kitas und Schulen massiv verändert.

Auch das Leben von Kleinkindern und Kindergartenkinder hat sich schlagartig verändert. Von einem auf den anderen Tag war die Kita geschlossen, die Eltern sind zwar anwesend, haben aber auf Grund von Homeoffice wenig Zeit, Kontakt zu Großeltern, anderen Verwandten oder Freunden und Freizeitaktivitäten war nicht mehr möglich.

Wie Familien und Kinder auf diese starken Veränderungen reagiert haben, ist individuell ganz unterschiedlich und hängt von vielen Faktoren ab.

Jüngere Kinder orientieren sich sehr stark an ihren engsten Bezugspersonen, vor allem, wenn sie Unsicherheit spüren. Dies ist auch in globalen Krisensituationen wie dieser der Fall. Dies bedeutet je besser Sie als Eltern mit dieser schwierigen Situation umgehen konnten, umso besser ging es auch Ihren Kindern.

In Familien hingegen, in den der Stresspegel verständlicher Weise in den letzten Wochen sehr hoch war, werden auch Kinder deutliche Stresssymptome entwickelt haben. Dies kann sich im Kleinkindalter durch verschiedenste Verhaltensweisen äußern. Einige Kinder zeigen z.B. eine hohe Ängstlichkeit, klammern viel und zeigen kaum mehr selbstständiges Verhalten. Andere Kinder reagieren eher unruhig, werden schnell wütend, schreien und weinen viel. Manche Kinder wirken dagegen gelangweilt, lustlos und quengeln viel. So verschieden die Verhaltensweisen von Klein- und Kindergartenkindern sind, so sind sie alle eine normale Reaktion auf diese starken Veränderungen und Einschränkungen.

Kleinkinder müssen erst lernen, mit Emotionen wie Wut, Enttäuschung, Angst und Traurigkeit umzugehen. Sie haben daher keine Bewältigungsmechanismen und lassen ihren Gefühlen freien Lauf.

Seien Sie deswegen geduldig, auch wenn es schwierig ist. Haben Sie auch Geduld mit etwas älteren Kindergartenkinder. Die Kinder erleben gerade eine absolute Ausnahmesituation. Da sind auch heftigere Gefühlsausbrüche eine altersangemessene Reaktion. Sollten Sie selbst auch emotional erregt sein, versuchen Sie, sich erst selber zu beruhigen. Nur wenn Sie eine gewisse Ruhe und Sicherheit ausstrahlen, kann das Kind sich beruhigen. Sprechen Sie sich als Eltern gut ab, wer wann für die Kinderbetreuung zuständig ist. Erwarten Sie nicht, dass Ihr Kind warten oder sich selbst beschäftigen kann. Kinder in diesem Alter brauchen einfach andere Erwachsene oder auch Kinder, die sich mit ihnen beschäftigen.

Je klarer Sie Ihren Alltag strukturieren und je mehr Zeit Sie sich für Ihr Kind nehmen, umso mehr Orientierung und Sicherheit bekommt ihr Kind und umso besser gelaunt wird es sein.

Mit der Aufhebung der Ausgangsbeschränkung, der Erlaubnis, eine begrenzte Anzahl von Personen zu treffen, Öffnung von Spielplätzen etc. sind seit Anfang Mai kleine Schritte in Richtung Normalität möglich. Egal ob die Kinder noch zu Hause oder bereits in der Notbetreuung sind, bedeuten die Lockerungen zunächst erst einmal wieder eine Veränderung für Ihre Kinder.

Einige Kinder können sich schnell anpassen und ihnen fällt der Einstieg in die Krippe/Kindergarten und die Trennung von den Eltern sehr leicht oder sie freuen sich über den Besuch auf dem Spielplatz und gehen sofort wieder in Kontakt mit anderen Kindern. Es kann aber auch sein, dass die Kinder durch die lange Zeit, in der sie nur mit der engsten Familie zusammen waren, eher zurückhaltend und ängstlich auf neue Situationen und andere Kinder oder auch Erwachsene (selbst auf Großeltern) reagieren.

Wichtig ist es hier, den Kindern Zeit und Sicherheit zu geben. Bereiten Sie Ihre Kinder auf solche Situationen vor, in dem Sie Ihnen erzählen, was Sie vorhaben und erleben werden. Auch wenn Kinder noch sehr klein sind und selber kaum reden können, verstehen sie bereits vieles. Wenn ihr Kind Unsicherheit oder Angst spürt, ist Körperkontakt zu der Bezugsperson extrem wichtig. Gehen Sie auf dieses Bedürfnis ein und geben Sie Ihrem Kind z.B. die Gelegenheit, auf Ihrem Schoß sitzend die Situation erst einmal zu beobachten.

Vermitteln Sie Ihrem Kind das Gefühl, „alles ist gut, ich bin da“, ohne es zu etwas zu drängen, was es nicht möchte. Auch wenn Ihr Kind Angst zeigt, vermeiden Sie nicht alle angstmachende Situationen. Es ist wichtig, die Kinder wieder an Situationen außerhalb der eigenen Familie und der Wohnung/des Hauses heranzuführen.

Kinder und auch Kleinkinder brauchen für eine gesunde Entwicklung verschiedene Anregungen und auch soziale Kontakte zu Gleichaltrigen.

Seien Sie nicht erschrocken, wenn Ihr Kind im Spiel mit anderen Kindern grob ist und z.B. haut, schupst oder Spielzeug wegnimmt. Kinder in diesem Alter lernen erst Sozialverhalten und diese aggressiven Verhaltensweisen sind völlig normal in dem Alter. Durch die lange Isolation ist das Kind vielleicht etwas aus der Übung und weiß nicht mehr, wie es mit Kindern in ein gemeinsames Spiel kommt. Häufig verbirgt sich hinter groben Verhalten ein Kontaktwunsch, d.h. das Kind will eigentlich mit dem anderen Kind spielen, weiß aber nicht wie und haut es daher. Reagieren Sie deswegen nicht nur schimpfend und strafend.

Es ist wichtig, das Kind zu stoppen, aber vor allem ihm zu helfen, eine andere alternative Verhaltensweise zu zeigen. Hilfreich kann es auch sein, sich in das Spiel der Kinder einzuschalten, mitzuspielen und zwischen den Kindern zu vermitteln. Wenn Sie erleben, dass die Kinder gut im Kontakt sind, ziehen Sie sich langsam wieder raus aus dem Spiel.

Erklären Sie unbedingt in kindgerechten Worten die aktuelle Situation. Erklären Sie, dass jetzt nur noch wenige Menschen die Krankheit haben, wir aber weiter aufpassen müssen, dass nicht wieder mehr krank werden und dass deswegen nur bestimmte Dinge, aber noch nicht Alles erlaubt ist, bestimmte Vorsichtsmaßnahmen wie Masken nötig sind und z.B. die Kita noch immer zu ist.

Jüngere Kinder können sich noch nicht an Abstandsregelungen halten. Es ist ein natürliches Verhalten, dass sie Körperkontakt mit vertrauten Erwachsenen oder beim Spielen mit anderen Kindern suchen. Wenn Sie dies nicht möchten, müssen Sie als Erwachsene die Situation so gestalten, dass die Kinder den Abstand einhalten, bzw. Sie müssen auch bestimmte Situationen eher vermeiden (z.B. Spielplätze, wo viele andere Kinder sind).

Bereiten Sie Ihr Kind auf die Krippe/Kindergarten vor, sobald Sie wissen, wann Ihr Kind wieder hin gehen wird. Dazu gehört auch, den Rhythmus des Kindes auf den Kita-Alltag wieder anzupassen, z.B. Schlafens- und Essenszeiten aus der Einrichtung zu übernehmen. Manche Kinder brauchen länger (bis zu zwei Wochen), um in einen anderen Schlafrhythmus zu finden. Deswegen ist es wichtig, rechtzeitig darauf zu achten.

Knüpfen Sie auch an Erfahrungen an, die Ihr Kind in der Kita gemacht hat. Singen Sie bekannte Lieder und machen Fingerspiele, erzählen Sie von den Mitarbeiterinnen und den anderen Kindern, gehen Sie im Vorfeld mal am Gebäude vorbei und fördern Sie die Autonomie Ihres Kindes.

Essensituationen eignen sich hierfür sehr gut. Die Kinder dürfen sich in der Kita z.B. häufig selber das Essen auf den Teller geben oder den Teller abräumen. Wenn Sie dies zu Hause auch erlauben und fördern, wird das Kind sich auch in der Kita wieder schneller an die Abläufe erinnern.

Wenn Sie unsicher sind, wie das Kind auf die erste Trennung von Ihnen reagieren wird, oder wenn Sie erleben, dass das Kind sich nur sehr schwer trennen kann, suchen Sie das Gespräch mit der Bezugserzieherin Ihres Kindes.

Die MitarbeiterInnen werden sich sicher Zeit nehmen und gemeinsam mit Ihnen besprechen, was Ihr Kind braucht und wie Sie weiter vorgehen. Nach einer so langen Pause ist es auch durchaus empfehlenswert, die ersten Tage die Betreuungszeiten etwas kürzer zu halten, bis das Kind sich wieder eingewöhnt und sich an die vielen Eindrücke wieder mehr gewöhnt hat.

Dieser Artikel wurde von Naemi Mühlstein von der Ökumenische Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche im Landkreis Fürstenfeldbruck verfasst.

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