Schlechte Noten - kein Problem?!
In einigen Bundesländern ist es schon so weit, hier in Bayern werden die letzten Schulaufgaben geschrieben- und eines ist klar: Die Zeugnisse stehen vor der Tür und das Schuljahr geht zu Ende. Für viele Familien ist diese Zeit noch einmal besonders herausfordernd, denn nicht immer wird alles so gelaufen sein, wie erhofft oder auch erwartet. Wir haben ein paar Ideen und Gedanken für Sie als Eltern zusammengetragen, damit Sie und Ihre Kinder gut und entspannt in die wohlverdienten Ferien starten können. Denn: Der Wert eines Menschen hängt nicht von Noten ab!
Welchen Sinn/Wert haben Noten und welchen geben Sie ihnen?
Sicherlich, Noten schaffen Vergleichbarkeit und schaffen es scheinbar mühelos, zu zeigen, wer mehr tun müsste. Doch die Vergleichbarkeit und die Objektivität von Noten ist nicht ganz so zuverlässig wie es scheint. Sie sind und bleiben eine Krücke und können nie allen Kindern gerecht werden. Machen Sie sich immer wieder bewusst, dass eine Note eine Zahl von 1 bis 6 ist, die Auskunft darüber gibt, wie gut ein bestimmtes Kind bei einer bestimmten Lehrkraft in der Lage war, den Stoff des Lehrplans dieser Klassenstufe zu lernen und diesen in einem bestimmten Prüfungssetting wiederzugeben. Das ist nicht nichts, aber auch nicht alles. Es bedeutet nämlich auch, dass möglicherweise ein anderes Setting, andere Methoden, andere Prüfungen und andere Lehrkräfte zu einem anderen Ergebnis gekommen wären und das Zeugnis anders aussehen würde. Zudem bilden Noten nicht ab, mit welchen zusätzlichen Herausforderungen das Kind möglicherweise sonst noch konfrontiert gewesen ist.
Quelle: Caroline v. St. Ange (2023): Alles ist schwer bevor es leicht ist. Hamburg Rowohlt, S. 216-236.
Eltern kennen ihr Kind am besten und sehen, ob es leidet oder nur ein wenig Hilfe braucht. Es ist gut, sich hierzu auch in der Schule und unter den Lehrkräften der Kinder umzuhören und gleichzeitig auf das eigene Bauchgefühl und das Kind zu vertrauen. Und: Entspannen Sie sich! Eine 4 in der Mittelstufe ist ein Signal, aber kein Weltuntergang. Mal ehrlich: Haben Sie kontinuierlich gute Noten abgeliefert?
Vor allem ist es wichtig, Kindern zu vermitteln, dass sie so viel mehr sind als das, was hier auf dem Zeugnispapier dargestellt wird. Ein Kind, ein Mensch lässt sich nicht in ein paar Zahlen und Worten bewerten. Das Zeugnis darf genutzt werden, um Probleme zu entdecken und Entwicklungspotenziale zu sehen und gleichzeitig sagt es nichts über den Wert eines Menschen aus. Vermitteln Sie dies Ihrem Kind und entwickeln Sie hier eine authentische Haltung.
Schlechte Noten
Wenn die Noten wesentlich schlechter ausfallen als erwartet, ist es angemessen, ein wenig länger zu reflektieren, woran es liegt und was zu tun ist. Da sich schlechte Noten auf die Dauer durchaus zu einem Problem entwickeln können. Die Notbremse sollte man ziehen, wenn ein Kind zunehmend Schulangst oder Schulstress entwickelt. Dies äußert sich z.B. durch häufiges Kranksein und viele Fehltage, durch eine zunehmende Isolation in der Klasse und den Rückzug aus sozialen Zusammenhängen wie Familie und Freunde, das Entwickeln von Prüfungsängsten oder gar Panikattacken. Dauerhafter Misserfolg stellt ungünstige Rahmenbedingungen für ein gesundes Selbstbewusstsein dar. Auch Mobbing oder eine ungute Dynamik in der Klasse können Grund für schlechte Noten sein. Hier lohnt sich also die Spurensuche. Zunächst mit dem Kind, aber auch in Gesprächen mit Lehrkräften und/oder durch die Nutzung des Beratungsangebots der Schule, also z.B. von Jugendsozialarbeit, Schulpsychologen und Beratungslehrern. Ansprechpartner finden Sie auf der jeweiligen Homepage Ihrer Schule und auch auf familienleben-ffb.de unter Sozialpädagogische Unterstützung an Schulen.
Offene Kommunikation
Bleiben Sie im Gespräch! Sprechen Sie mit Ihrem Kind nicht nur über Schulisches, sondern auch über seine Gefühle, Hoffnungen und Träume. Was macht ihm Spaß, was findet es doof? Wovon träumt es, wo möchte es hin? Und hinterfragen Sie sich selbst. Darf es Ihnen sagen, was nicht gut ist?
Zeigen Sie Interesse für das, was Ihr Kind beschäftigt. Eine gute Kommunikation schafft Vertrauen, gemeinsame Erlebnisse und Aktivitäten stärken Ihre Beziehung und stabile familiäre Bande sind ein wirksames Mittel gegen Schulstress. Denn nur wer unbeschwert und unbelastet ist, hat den Kopf frei fürs Lernen.
Durchlässiges Schulsystem
Unser Schulsystem bietet viele verschiedene Wege zu einem adäquaten Schulabschluss und es ist wichtig, diese Durchlässigkeit im Kopf zu behalten. Glücklicherweise ist es trotz der vermeintlichen „Weichenstellung“ mit dem Übertritt in die weiterführende Schule in der 5. Klasse auch an der „falschen“ Schule nicht zu spät. Kinder können von der Mittelschule über die FOS zum Abitur gelangen und andersherum: Wer einmal vom Gymnasium auf die Realschule wechselt, hat noch lange nicht alle Chancen auf das Fachabi oder Abitur verspielt. Ein Schulwechsel erscheint uns meist als ungewollter Bruch in der Schulkarriere und wird daher oft viel zu lange hinausgezögert. In den allermeisten Fällen gelingt es Kindern und Jugendlichen innerhalb weniger Wochen, ein neues Netzwerk an einer neuen Schule aufzubauen und wieder mehr Erfolgserlebnisse zu sammeln.
Außerdem: Jeder Schulabschluss ist gleich viel Wert und es kommt immer darauf an, was Jugendliche beruflich anstreben, worin ihre Talente liegen und was ihnen wirklich Freude bereitet.
Ausblick aufs neue Schuljahr
Manchmal sind es kleine Stellschrauben, die hilfreich sein können, um den Schulalltag zu erleichtern:
Lernen lernen: Wie und wo lernt das Kind am besten? Welche Begleitung braucht es?
Ordnung: Lernort festlegen und ordentlich halten
Systematik: Feste Hausaufgaben- und Schlafenszeiten, feste Medienzeiten
Freizeit: Ausgleich schaffen mit außerschulischen, schönen Erlebnissen: Freunde treffen, Sport treiben, Musik machen, sich sozial engagieren, draußen sein, Familienzeit etc.
Elterliche Haltung: Lob für Anstrengungen, bedingungslose Liebe unabhängig von Noten, im Gespräch bleiben
Kommunikation: frühzeitig Kontakt zu Lehrkräften/Sozialpädagogen/Schulpsychologen aufnehmen, um bei Schwierigkeiten ins Gespräch zu kommen
Und jetzt können wir alle entspannt in die wohlverdienten Sommerferien starten, oder?
Dieser Artikel wurde verfasst von Kristin Frank, Sozialpädagogische Unterstützung am Gymnasium Olching und Julia Staudt, Sozialpädagogische Unterstützung am Gymnasium Puchheim